Wie ich versuchte, ein kostenloses Hörbuch zu laden

Eigentlich dachte ich, Kopierschutz (von der Industrie gern als DRM – Digitales Rechte-Management verbrämt) für Audio-Dateien sei schon Geschichte.

Bis ich jüngst versuchte, ein kostenloses Hörbuch von Audible zu laden. Auf einem Schnäppchen-Newsletter war “Der Prozess” von Frank Kafka angepriesen.

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Erwartet hatte ich eine MP3 zum herunterladen. Aber so einfach war das natürlich nicht. Dass man ein Kundenkonto anlegen muss, ist verständlich, denn schließlich soll man ja auch mal wieder auf dieser Seite vorbeischauen. Das war für mich auch kein Problem, weil mein Amazon-Konto von dieser Amazon-Tochter auch problemlos akzeptiert wurde.

Wie komme ich an das Hörbuch?

Aber auch nach dem erfolgreichen Login gab es keine MP3. Vielmehr muss man erst mal einen Download-Manager installieren, der dann den Download entgegen nimmt. Gut, das kannte ich ja schon von Amazon selbst, wo man ja die MP3s nicht direkt laden kann, sondern beim Kauf nur einen kryptischen Link bekommt, der dann vom Download-Manager geöffnet wird und zum Laden der MP3-Datei führt.

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Obwohl Audible eine Amazon-Tochter ist und auch mein Amazon-Konto verwenden darf, braucht es trotzdem einen eigenen Download-Manager. Gut, der war schnell installiert und nachdem ich nur ca. 5mal dann den Link zum Hörbuch angeklickt hatte startete dann endlich auch dieser Manager (weil ich nach dem 4. Anklicken doch mal unaufgefordert den PC neu gestartet hatte, das alte PC-Heilmittel Nr. 1).

Und tatsächlich: Eine spartanische Benutzerobfläche zeigte nun an, dass ich “Der Prozess” herunterladen könnte. Das war schnell geschehen. Der Manager kann selbst aber keine Dateien wiedergeben, er reicht sie vielmehr an iTunes oder den Windows Media Player weiter. Da ich iTunes nicht auf dem PC habe, habe ich die Datei erst mal mit dem Media Player öffnen lassen (das veranlasst noch der Download-Manager). Ergebnis: Der Media Player lädt die Datei und spielt sie ab. Problem: Es kommt (und zwar nur bei dieser Datei) kein Ton!

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Wie kommt das Hörbuch auf eine MP3-CD?

Da man laut Audible Hörbucher auf CD eh nur mit iTunes brennen kann

, habe ich dann doch iTunes installiert. Man muss dann zwar aufpassen, dass man mitinstallierten Müll wie Bonjour, Apple Software-Update etc. wieder los wird, aber gut. Und ein paar Fehlermeldungen gehören doch einfach dazu, oder?

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Und siehe da: Nach ein wenig Grübeln und nur 2 Neustarts kam mit iTunes dann auch Ton aus den Lautsprechern. Sehr Schön!

Direktes Brennen des Hörbuch auf CDs geht nicht, aber man kann eine Wiedergabeliste erstellen (bestehend aus dem einen Hörbuch) und dann diese auf CD brennen. In dem Fall wären das 7 CDs. Der CD-Spieler in meinem Auto kann MP3 wiedergeben, aber beherrscht natürlich kein DRM (d.h. Verschlüsselung). Man kann das Erstellen einer regulären MP3-CD in iTunes auch auswählen, aber es kommt dann schnell eine Fehlermeldung, dass das nicht erlaubt sei.

Meine komplette CD-Sammlung habe ich längst auf MP3 digitalisiert, aber für ein lächerliches Hörbuch soll ich ein Mäppchen mit 7 Silberscheiben mit mir herumtragen?

Erde an Audible: GEHT’S NOCH? Soll ich im Auto Discjockey spielen? Glaubt ihr ernsthaft, das Erstellen von Audio-CDs statt MP3 schützt vor Raubkopien?

Die Kür

Spätestens ab hier überschritt der DRM-geschuldete Zeitaufwand den wirtschaftlichen Wert dieses Hörbuchs deutlich, aber wer gibt schon gern auf, wenn er sich kurz vor dem Ziel wähnt.

Ich hatte noch einen Packen CD-RWs in OVP rumliegen, die mir ein gutmeinender Bekannter noch vor einigen Jahren geschenkt hatte. Die könnten nun einen sinnvollen Zweck erfüllen. Leider ist iTunes sehr zickig, was das CD-Wechseln beim Brennen angeht. Die eben gebrannte CD-RW kann nicht mit parallel laufenden Programmen wieder eingelesen werden, um sie in MP3s umzuwandeln, weil sie iTunes als “nicht beschreibbaren Datenträger” gleich wieder auswirft. Wohl dem, der einen 2.-PC hat. Leider musste ich dann feststellen, dass die Hälfte der CD-RWs gar nicht (mehr?) beschreibbar ist. Und echte CD-Rohlinge für den Nonsens opfern, sie zu brennen und nach dem Umwandeln in MP3 wegzuwerfen ? Ich schau doch lieber mal nach einem Programm, dass den Tonausgang einliest und digital abspeichert. Dann läuft halt mal der PC über Nacht und iTunes liest das Hörbuch vor 😉

Intermezzo

  • Schlauerweise habe ich auch versucht, das Hörbuch auf einen DVD-RW-Rohling zu brennen. Das geht zwar überraschenderweise, aber das Ergebnis ist weder Audio noch MP3, sondern die DRM-geschützte Quell-Datei 🙁 .
  • Die gebrannten Audio-CDs sind in 8 Spuren à 8 Minuten aufgeteilt plus eine mit 7 Minuten. Das gibt lustige Unterbrechungen mitten im gesprochenen Wort.
  • Das Einlesen solch einer Audio-CD mit dem Windows-Media-Player lässt bewegt diesen dazu, ein von der Spurlänge ungefähr passendes Album dahinter zu vermuten und benennt die Dateien ungefragt entsprechend. Das ist nur ärgerlich – ausgesprochen blöd ist aber, dass er beim Einlesen der 2. CD anhand der identischen Spurlängen messerscharf schlussfolgert, dass er diese CD ja schon eingelesen hat und sich fortan weigert, diese Scheibe zu digitalisieren!
  • Der Audible Download-Manager ist jetzt installiert und wird bei jedem Windows-Start mitgeladen (das lässt ich auch nicht in irgendwelchen Optionen abstellen). Er lauert im Hintergrund darauf, dass ich wieder einmal ein Hörbuch bei Audible kaufe – jedoch: Das wird nicht geschehen!

Fazit

Nun könnte man ja meinen “Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul” – aber das geht am Problem vorbei. Den ganzen Zirkus hätte man ja auch, wenn man ein Hörbuch ganz normal kauft.

N.B.: Über Usenext & Co hat man die MP3 vermutlich in 10 Minuten heruntergeladen und kann sie auf jedem Gerät ohne Probleme Abspielen.

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